Kunst in der Klinik

Speisung der 5.000

Marmorrelief von Helmuth Uhrig, Speisung der Fünftausend (1962)

Standort: Kirchsaalflure rechts hinter der Haupteingangstreppe.

 

 

 

 

Freie Komposition

Buntglasfenster von Alexander Iwschenko (1964/65)

Standort: Kirchsaal
Weitere Werke des Künstlers

Glaskunst-Fenster von Andreas Felger, Stilleraum in Haus Friedländer (2007)

Dr. Wilfried Haßfeld: Ein Bild voller Kontraste: Der Gegensatz zwischen Weiß einerseits und dunklen Farben bis hin zum Schwarz andererseits. Der komplementäre Kontrast zwischen Grün und Rot. Das Bild versetzt uns in eine Szenerie zwischen einem dunklen Abgrund und einer leuchtend, weißen Gestalt.

Abgründe

Ist es ein Bild, das die Realität unserer Welt zu beschreiben sucht? Oder verbildlicht es die Landschaft unserer Seele? Abgründe unserer Seele und den Schein einer mehr oder weniger hellen Hoffnung? 

Ins Auge fällt ein Schaf. Es steht auf abschüssigem Boden und ist dem Abgrund zugewandt. Es steht wie angewurzelt.

Hinter dem Schlaf ist eine weiße Gestalt aufgerichtet. Das Schaf scheint sie gar nicht wahrzunehmen. Ohnehin weist die helle Gestalt keinerlei Konturen auf, während das Schaf doch so konkret, so lebensnahe vor unseren Augen steht.

Die weiße Gestalt

Die weiße Gestalt scheint uns förmlich einzuladen, sie mit unseren eigenen Fantasien zu beleben. Sie ist wie eine Leinwand, auf der wir alle unsere bisherigen Beziehungserfahrungen übertragen können: Erfahrungen mit unseren Eltern oder den Personen, die für die Eltern standen, mit Geschwistern, später mit Partnern.

Sind es schlimme Erlebnisse, in denen wir gedemütigt, abgewertet oder auf unterschiedlichste Weise missbraucht wurden? Oder gab es auch mit einem Menschen gute Erfahrungen, zumindest Inseln in unserem Leben, in denen uns jemand wahrgenommen hat wie wir sind und uns um unserer selbst willen liebte?

Das Schaf ist sehr gegenständlich abgebildet, so gegenständlich wie vielleicht unsere aktuelle Lage.

  • Schauen wir auch in den Abgrund einer schlimmen Krankheit und stehen da wie angewurzelt?
  • Ist es der Abgrund einer Beziehung, die sich immer bösartiger entwickelt hat?
  • Ist es der Abgrund des Todes, der uns einen geliebten Menschen entrissen hat? Oder haben wir uns selbst verloren?
  • Ängstigen uns bedrohliche oder sehr dunkle Gefühle?
  • Spüren wir die Anziehung, die der Abgrund auf uns ausüben will, gegen den wir uns mehr oder weniger stark wehren?

In der Szene sind wir ganz allein. Die Sicht auf eine lichte Gestalt, auf Gott, der uns retten könnte, scheint uns mehr oder weniger verloren gegangen zu sein. Wir sehen ihn nicht. Unser Kopf ist ins Dunkel gehüllt – auch wenn uns in Wirklichkeit noch ein weißer Strahl – wie bei dem Schaf auf unserem Glasfenster – von oben trifft. 

Welche Vorstellungen werden geweckt?

Ganz konkret habe ich Patientinnen und Patienten gefragt, welche Vorstellungen die lichte Gestalt in ihnen geweckt hat: Einer vermutete, dass »die weiße Wand« auf das Schaf fallen könnte. Andere konnten gar nichts mit der weißen Gestalt anfangen. Jemand sagte: »Ich würde mir die Gestalt persönlicher wünschen!« Einer vermutete: »Einer wird gefunden! Vielleicht durch Jesus!« Wieder jemand meinte: »Eventuell ein Kreuz! Hier sind drei Querbalken!« Andere Stimmen waren: »Ich habe mir gewünscht, dass es eine Hand ist!« Oder: »Eine weiße Barriere, durch die das Licht durchfällt!« »Eine Einladung zur Hilfe – Jesus als schützende Hand!«  

Tatsächlich, eine seelische Erkrankung, schlimme Beziehungserfahrungen können Gott verdunkeln, ihn auf Distanz bringen, ihn entstellen, ihn seines eigentlichen Charakters berauben, ihn gar in sein Gegenteil verwandeln.  

Es bleibt die spannende Frage: wer ist Gott denn wirklich? Gibt es niemanden, der uns diese Frage beantworten könnte? Oder könnte Gott nur selbst diese Frage beantworten?

Nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift ist Jesus die Antwort Gottes. Und wenn es so ist, gibt es jemanden, der diese Antwort noch meint korrigieren zu können und zu müssen? Wer Jesus sieht und versteht, der sieht direkt in das Herz Gottes. Deshalb sind die Selbstaussagen Jesu auch so hilfreich. In unserem Fenster wird uns solch eine Selbstaussage Jesu vor Augen geführt (Matthäus 18,11-12):

Des Menschen Sohn ist gekommen ….

 »Der Menschen Sohn (so bezeichnet sich Jesus sehr gerne selbst) ist gekommen, um Verlorene zu retten. Was meint ihr: wenn ein Mann 100 Schafe hat und eins läuft ihm davon; was wird er tun? Lässt er nicht die 99 zurück, um das verirrte Schaf zu suchen? Und wenn er es endlich gefunden hat, freut er sich über dieses eine mehr als über die 99, die sich nicht verlaufen hatten. Ebenso will mein Vater nicht, dass auch nur einer, und sei es der geringste, verloren geht.« 

Geht es Ihnen nicht auch so, dass es gefühlsmäßig genau umgekehrt ist: Gott ist denen nahe, denen es gut geht, die in Sicherheit sind. Das, was Jesus sagt, scheint unsere Empfindung zu revolutionieren und auf den Kopf zu stellen: Jesus kümmert sich vorrangig um die Verlorenen. Wenn ich denn ein verlorener Mensch bin? Ist Jesus dann wirklich auch an mir ganz persönlich liebevoll interessiert?

Der Künstler Andreas Felger, der das Bild des Glasfensters gestaltet hat, schrieb:

»- – dass verirrte Schaf, das der Hirte sucht. Er lässt die anderen 99 (grün) zurück, bis er es findet. Rot steht für die Liebe und weiß für den Reinen. Ein Lichtstrahl fällt von oben herein und trifft auch noch das Schaf. Ein Hoffnungszeichen – man ist nicht verloren, auch wenn man schon voll im Dunklen steht.«

Das verlorene Schaf

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