Klinik Hohe Mark – Chefarzt Dr. Seehuber im Filmgespräch über Suizid

Das naxos.Kino ist ein Programmkino in Frankfurt und bietet dem Dokumentarfilm ein Forum – auf großer Leinwand – mit anschließendem Filmgespräch zwischen Regisseur und Fachleuten.

Am 27. März 2018 war "Hohe Mark" Chefarzt Dr. Dietmar Seehuber zu Gast, und diskutierte als medizinischer Experte mit der Filmemacherin Lola Jia Liu über deren Film "Die Brücke von Leben und Tod" – ein Dokumentarfilm über die Realität des Suizids in China.

Auch wenn der kulturelle Hintergrund des Filmes nicht vergleichbar mit der deutschen Situation ist, die großen Fragen – wie z.B. die Frage nach dem Sinn des Lebens – sind überall auf der Welt gleich.
Mit Dank an Gerd Becker veröffentlichen wir an dieser Stelle den Bericht naxos.Kino – Dokumentarfilm & Gespräch e.V. über das Filmgespräch mit Dr. Seehuber:

Hohe Selbstmordraten in China

Filmemacherin Lola Jia Liu vertrat die Meinung, die hohe Selbstmordrate in China sei auf den allgemeinen Stress zurückzuführen, der die Menschen psychisch krank mache.

Die Hauptperson des Films – ein Held?

Auch die Hauptperson Chen Si bewege sich auf einem schmalen Grat zwischen Heldentum – er hat bereits einige Lebensmüde vor dem Absprung gerettet – und alkoholisierter Resignation, da er immer wieder seine Lebenssituation beklage, meinte naxos-Moderator Gerd Becker.
Die Filmemacherin Lola Jia Liu, die am 27. März naxos Kino zu Gast war, bestätigte, dass sie während der fünfjährigen Drehzeit zunehmend seinen Alkoholismus bemerkt habe: "Innerlich will er andere nicht mehr retten, seine Seele ist kaputt, er ist traumatisiert".
Seine ersten erfolgreichen Rettungsaktionen hätten ihn landesweit bekannt gemacht. Das habe er immer weniger verarbeiten können. Nachdem er für seine Taten immer wieder Geld zum Überleben erhalten habe, rufe er nun mittels viralem Marketing gezielt zu Spenden auf.

Der Rausch des Helfens ist riskant

"Er hat seine Ideologie zum Job gemacht. Wenn er mit dem Retten aufhören würde, würde er alles verlieren. Job, Anerkennung und Struktur des Lebens. Dietmar Seehuber, Chefarzt der Klinik Hohemark, bestätigte als Vertreter des Frankfurter Netzwerks Suizidprävention (FRANS), dass es "durchgehend um den Sinn des Lebens" gehe.

Die Hauptperson im Film erkenne durch seine Arbeit einen Sinn für sich, was auch etwas Berauschendes für ihn ausmache. "Aber Helfer sollten nie allein agieren", mahnte Seehuber.
Chen Si "performt eine one-man-show" mit dem Problem, wie er diese verarbeiten solle. In solchen Fällen sei Alkoholismus aufgrund von Verzweiflung, fehlender Antriebskraft oder körperlicher Störungen häufig die Endstation. In Frankfurt wird seit einiger Zeit ein besonderer Ansatz verfolgt, um Menschen mit suizidalen Gedanken Hilfen anzubieten.

Das Frankfurter Netzwerk für Suizidprävention (FRANS)

… wurde 2014 gegründet und ist ein Zusammenschluss von mehr als 70 Frankfurter und überregionalen Institutionen und Organisationen, in deren beruflichem Alltag suizidales Verhalten und das Thema Suizidprävention eine Rolle spielen; weiteres siehe unter: www.frans-hilft.de .

In jedem Fall sich Hilfe holen

Gründe, die zu Gedanken über eine Selbsttötung führen, können nach Dr. Seehuber sehr unterschiedlich sein. Sie können in der Folge einer meist langjährigen depressiven Erkrankung entstehen. Aber auch unerwartete plötzliche dramatische Ereignisse, wie die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen, können Ursache sein. In jedem Fall sollten die Betroffenen ärztlichen Rat und Hilfen in Anspruch nehmen. Dazu sollten sie auch von Freunden und Angehörigen ermutigen.

Glück bedeute in China Erfolg und Reichtum.

Danach strebe jeder, meinte Frau Liu: "Deshalb kämpfen die Menschen egoistisch nur für sich selbst". Abgestürzte würden nicht zur Kenntnis genommen, denn sie würden als Versager gelten. Sie betonte, dass vor allem diese einsamen Menschen eine Community brauchten. Dazu fehlten jedoch noch immer ehrenamtliche freiwillige Helfer für Depressive in China. Während Menschen aus der Mittelschicht eher medizinisch- psychologische Hilfen annehmen, ist dies bei Menschen aus einfachen Verhältnissen kaum der Fall.

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